Meine Cousine und ich |
Wir haben es dann in einem großen Kaufhaus versucht. Die erste Hürde waren die altmodischen Türen, die ein gesunder Mensch mit kräftigen Armen kaum aufstoßen kann! Von einer behindertengerechten, automatischen Tür keine Spur. Aber immerhin: Hier ist eine barrierefreie Toilette auf dem Wegweiser im Erdgeschoss ausgeschildert. Nur wo ist sie bloß? Und wo zum Teufel ist der Aufzug in all dem Wirrwarr an Gängen, Ausstellungskästen, Waren, verborgenen Winkeln und Menschen versteckt? Wir finden heraus, dass die Toilette im obersten Geschoss ist. Wer denkt sich bitteschön so etwas aus?, habe ich mich damals gefragt. Beinahe ist es zu spät und meine Cousine hätte in die Hose gemacht! Nach ewigem Suchen haben wir den Aufzug endlich gefunden. Welch eine Tortur!
Die nächste Hürde begegnet uns in einem Restaurant auf dem Theaterplatz. Zwar ist auch hier ein Aufzug vorzufinden - und diesmal nicht versteckt! - , auch die Tische im Keller sind glücklicherweise nicht auf einer Anhöhe, so, wie es im Erdgeschoss der Fall ist: Der Rollstuhl kann ganz bequem an den Tisch herangeschoben werden. Prima. Aber auch hier wird der Toilettengang zu einem echten Problem. Nicht etwa, weil es keine barrierefreie Toilette gäbe. Nein, die ist vorbildlich vorhanden. Es erwartet uns eine andere Barriere: eine soziale. Zwei Damen versperren den Weg zum Toiletteneingang mit ihren Kinderwagen. Als meine Tante meine Cousine dorthin schiebt, machen sie keine Anstalten, die Wagen beiseite zu fahren. Es wäre nun wirklich kein großer Aufwand gewesen! Sie schauen meine Cousine an und reagieren nicht. Schließlich muss meine Tante das übernehmen, vorher natürlich die Bremsen des Rollis feststellen, damit Heike nicht davonrollt!
PS: Auch dieses Jahr wollen wir den Weihnachtsmarkt wieder besuchen. In Kombination mit einem Gospel-Konzert in der Mainzer Christuskirche. Ein Lichtblick: Bei der Buchung der Tickets sprach ich mit einer sehr netten Frau. Sie teilte mir mit, wo der barrierefreie Eingang zur Kirche zu finden ist. Meine Cousine und alle anderen Rollifahrer dürfen die Kirche vor den anderen Besucher/innen betreten, damit sie einen geeigneten Sitzplatz findet, von dem aus sie etwas sehen können. Auch wenn so etwas eigentlich selbstverständlich sein sollte, war ich doch sehr gerührt, so etwas Nettes zu hören.
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