Sonntag, 6. Dezember 2015

Im Rollstuhl auf den Weihnachtsmarkt

Im Rollstuhl auf den Weihnachtsmarkt in Mainz zu fahren ... 


... ist jedes Mal eine Herausforderung. Gestern haben wir, d.h. meine Cousine, ihre Eltern, mein Freund und ich, dieses "Experiment" mal wieder gewagt. Das "Durchwühlen" an einem Samstagnachmittag, der erfahrungsgemäß einen gut besuchten Weihnachtsmarkt verspricht, war schwierig. Aber: Wir sind "durchgekommen". Viele nette Menschen haben Platz gemacht. Manchmal hat meine Cousine einen Ellbogen oder einen zugewandten Rücken abbekommen, doch meistens bekam sie daraufhin eine Entschuldigung zu hören.

So sieht es auf vielen Weihnachtsmärkten aus: dichtes Gedränge

Wenn man als Rollstuhlfahrer gemütlich einen Glühwein trinken möchte, empfiehlt es sich, einen halbwegs ruhigen Ort auf dem Markt zu finden. Gar nicht so einfach! Die beliebtesten Glühweinstände im vorderen Bereich haben wir gemieden. Da wäre es vorbei gewesen mit der Gemütlichkeit. Besonders für einen Rollstuhlfahrer.
Der Glühweinstand, den wir schließlich im hinteren Bereich des Weihnachtsmarktes gefunden haben, hat uns überrascht. Nicht nur aufgrund seiner guten Auswahl, sondern insbesondere wegen des freundlichen Entgegenkommens seitens des Personals. Auf Nachfrage bekam meine Cousine einen tollen großen Strohhalm, der sich gut zum Trinken des Glühweins eignete. Am Tresen entdeckte ich ein Schild, das uns alle sehr positiv überraschte und erfreute (s. Foto): "Rollstuhlfahrer: Wir helfen Ihnen gern."


Auch die Krippe war für eine Überraschung gut. Es gibt einen barrierefreien Zugang! Geheimtipp für Rollifahrer! So konnte auch meine Cousine die riesigen Krippenfiguren bewundern. Es ist schön zu sehen, dass sich die Planer des Weihnachtsmarktes auch bzgl. der Barrierefreiheit Gedanken machen.


Knackpunkte:
  • Die barrierefreie Toilette, am hinteren Ende des Marktes, Nähe Gutenberg-Museum, stellte eine kleine Herausforderung dar: Sie war etwas eng und die Auffahrt war auch relativ steil. Aber immerhin: Es GIBT eine barrierefreie Toilette auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt!
  • Die "Hubbel", unter denen dicke Kabel versteckt sind, sind auch nur etwas für erfahrene Rollstuhlfahrer und Betreuer. Man muss Mut beweisen, wenn man sie vorwärts und nicht rückwärts gekippt bewältigen möchte. Als eingefleischter "Rollstuhl-Schieber" hat mein Onkel Ersteres mit Bravour gemeistert. 
  • Leider sind ein Honig- und ein Dekorations-Haus aufgrund einiger Treffenstufen und viel zu engen Gängen nicht barrierefrei.
  

Das Restaurant, in dem wir zu Abend aßen, war - verglichen mit anderen Lokalen - ebenfalls ein Traum für einen Mensch mit Behinderung: barrierefreier Zugang, Aufzug, barrierefreies Untergeschoss und barrierefreie Toilette! An dieser Stelle mache ich - aufgrund der guten Einrichtung - gerne Werbung für das "Aposto" in Mainz und trage es mit Freude in die "Wheelmap" ein.

Zu guter Letzt bereitete uns der Besuch eines Gospelkonzerts in der Mainzer Christuskirche große Freude. Der Zugang ist komplett barrierefrei: Über zwei großzügig gestaltete Rampen kann man das Hauptportal erreichen. Die Rollifahrer durften die Kirche als Erste betreten und haben die Plätze in der ersten Reihe bekommen, um alles ohne Sichtbehinderung mitverfolgen zu können. Es war das Highlight unseres Abends! Eine behindertengerechte Toilette hat die Kirche ebenfalls vorzuweisen.

Unser Fazit: Ein Besuch auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt lohnt sich. Die Hürden, die man zu überwinden hat, sind - verglichen mit anderen "Im Rollstuhl nach ...-Abenteuern" -  gering. Meine Cousine hatte große Freude. Und wir mit ihr.

Danke für die tollen Erlebnisse, danke für den tollen Tag mit dir, Cousinchen. 
Ich hab' dich sehr lieb. ❤



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