Mittwoch, 1. Juli 2015

Inklusion ist NICHT einfach, Teil 1

Als ich dieses Projekt ins Leben gerufen habe, war mir noch nicht ganz klar, mit wie viel Aufwand die Gestaltung und Umsetzung verbunden sein würde. Seit Beginn des Malwettbewerbs komme ich kaum noch zum Studieren, man mag es kaum glauben. Es gibt so viel zu organisieren. 
Die größte Hürde am Anfang war die Kontaktaufnahme: Interessenten suchen, die sich am Malwettbewerb beteiligen möchten. Das war eine äußerst stressige und vor allem nervenaufreibende Zeit. Ich habe Dutzende, ja gar Hunderte von E-Mails verschickt - an Schulen in ganz Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg und sogar Berlin - quasi auch als kleiner Test, welches Bundesland sich besonders für Inklusion interessiert. 
Die Bilanz war äußerst ernüchternd. Ich habe nur wenige Rückmeldungen erhalten, die man an einer Hand abzählen kann. Eine große Enttäuschung, der erste "Dämpfer", Ernüchterung gleich zu Beginn der Projektzeit. Keine schöne Erfahrung, wenn man bedenkt, mit wie viel Herzblut ich an die Sache herangegangen bin. 
Fragen geisterten mir durch den Kopf: 
  • Sind die E-Mails im Spam-Ordner gelandet? Das war das Fünkchen Hoffnung, das in mir aufkeimte, aber schnell wieder verschwand. Denn ich habe viele Lesebestätigungen erhalten (was, wie ich mir habe sagen lassen, wohl technisch gesehen auch nichts bedeuten muss). 
  • Lag es also an meiner Ausdrucksweise? Hat man mich nicht verstanden? Durchaus möglich, denn das ist mein erstes Projekt dieser Art. Ich bin eine Novizin auf dem Gebiet Inklusion und Projektmanagement. Da darf es nicht verwundern, wenn ich Anfängerfehler mache. 
  • Darf man den Menschen, die ich kontaktiert habe, mangelnde Kooperationsbereitschaft unterstellen? Das sollte man wohl nicht. Aber ich darf wohl so weit gehen, eine gewisse Unhöflichkeit anzuprangern. Ich finde es nicht nur schade, sondern auch bis zu einem gewissen Grad respektlos, einfach nicht auf E-Mails zu antworten, in denen ich mein Projekt vorgestellt und um das schulische Engagement gebeten habe. Natürlich bin ich mir bewusst, dass die Lehrerinnen und Lehrer von heute sehr im Stress und nicht, wie ein ehemaliger Bundeskanzler behauptet hat, "faule Säcke" sind. Als angehende Lehrerin weiß ich genau, wie sehr man an den Lehrplan gebunden ist. Da gibt es kaum Spielräume für kreative Betätigungen wie die Teilnahme an einem Malwettbewerb. Noch dazu bedarf die Thematik meines Malwettbewerbs einer speziellen Vorarbeit seitens der Lehrkräfte: Das Thema Behinderung muss vor dem Malen angesprochen werden, zumindest das "Anders-Sein". Ebenso ist es notwendig, sich mit meiner Geschichte auseinanderzusetzen, denn sonst könnte man Kategorie 2 nicht bearbeiten. Blauäuig, wie ich war, habe ich dennoch gehofft, dass die Lehrerinnen und Lehrer diese Vorarbeit auf sich nehmen - eben WEIL die Thematik so WICHTIG ist, nicht OBWOHL sie so SCHWIERIG ist. 
  • Immerhin: Einige Lehrkräfte haben sich für das Projekt eingesetzt, offensichtlich sogar mit Hingabe und Freude! Den Kindern scheint das Malen auch sehr gefallen zu haben. Bezeichnend ist aber, dass die Mehrheit der Schulen, die teilgenommen haben, Förderschulen und eben keine Regelschulen sind. Bedeutet das, dass die Regelschulen noch gar nicht bereit für Inklusion sind? Ich kann diese Frage nicht beantworten, auch nicht die, ob eine mangelnde Beteiligung einem gewissen Maß an Desinteresse geschuldet ist. An dieser Stelle möchte ich aber sagen, dass ich es sehr sehr traurig finde, dass nur so wenige Regelschulen am Wettbewerb teilgenommen haben. Inklusion ist nicht einfach zu realisieren. Sie ist noch gar nicht in den Köpfen der Menschen angekommen; das hat mein kleines Projekt wohl gezeigt.
Gleichwohl möchte ich mich an dieser Stelle bei den wenigen Regelschullehrerinnen und -lehrern bedanken, die mir aufgrund ihrer Teilnahme Hoffnung machen. Aus Mayen habe ich viele Einsendungen erhalten, auch aus Mainz ein paar.
Mein Dank gilt auch all denjenigen, die mich eingeladen haben, eine Malwerkstatt in einer bunten Gemeinschaft zu veranstalten. Wir hatten eine wunderbare Zeit zusammen. Hier seien u.a. genannt: der Power-Club in Nieder-Olm, die Wohnstätten Münchfeld und Wörrstadt, der familienunterstützende Dienst Jugenheim, das Förderzentrum Daun usw.
Mein Text mag etwas negativ konnotiert sein. Zum Schluss dieses Posts soll aber auch eine fröhliche Botschaft vermittelt werden: Knapp 100 Einsendungen habe ich bis heute erhalten; und wer weiß: Vielleicht kommen bis zum 11. Juli (Tag des Jury-Treffens) ja noch mehr! (Aufgrund des Poststreiks akzeptiere ich nämlich auch noch Einsendungen, die ich bis zum 10. Juli im Postfach habe.)
Nun gilt es, die Ausstellung (18. Juli) vorzubereiten. Ich bin gespannt, auf wie viele Hürden ich bis dahin noch stoßen werde. Mehr dazu gibt's in Kürze... Bis dahin: eine gute Zeit euch allen!